Sentinel Peak Hike – Der Weg zur Leiter

Sentinel Peak Hike – Der Weg zur Leiter

Als wir bei der Planung unserer Reise erstmals vom Sentinel Peak Hike hörten und vom „gefährlichsten Wanderweg Südafrikas“ lasen, war schnell klar: Den probieren wir aus. Was soll denn am Wandern schon großartig gefährlich sein?

Der namensgebende Sentinel Peak liegt am Randes des Royal National Park am Fuße des Hochplateau von Lesotho in den Drakensbergen. So planten wir die Wanderung zwischen unseren Stationen am Giants Castle und dem Städtchen Clarens.  Eigentlich wollten wir zunächst Clarens besuchen und dann zurück zum Sentinel Hike fahren. Die Wetterprognose machte diesem Plan aber einen Strich durch die Rechnung und wir entschieden die Wanderung auf dem Weg nach Clarens mitzunehmen. Wir sprechen hier immerhin von einer Wanderung im Hochgebirge deutlich über 2000m NN, sodass bei der Planung auch immer ein Auge auf das sich rasch ändernde Wetter geworfen werden soll.

Sehr früh morgens machten wir uns daher von Cathkin Park auf den Weg zum Sentinel Car Park. Da wir diesmal auf keine Öffnungszeiten eines Parks angewiesen sind brechen wir kurz vor 6 Uhr auf. Bei diesigem Wetter geht es  auf der R74 durch die Drakensberge. Das Highlight der etwa dreistündigen Fahrt ist ein Springbok, den wir am Sterkfontein Dam erblicken. Sonst verläuft die Fahrt recht zügig und unkompliziert bis wir nach Phuthaditjhaba kommen. Eine typische südafrikanische Stadt, die sich breit in der Fläche verteilt, weswegen es eine halbe Ewigkeit dauert, bis wir die Stadt hinter uns lassen. Zudem ist die Fahrt auch recht anstrengend. Die Einwohner wuseln umher; Minibusse halten und fahren los;  Geschwindigkeitshügel, mal groß, mal klein und Geschwindigkeitsbegrenzungen kommen ebenfalls noch dazu. Wir sind froh, als die Ortschaft sich ausdünnt und die Straße immer schmaler wird.

Schon die Anfahrt ist ein Abenteuer

Wir kommen an ein Tor und zahlen eine kleine Gebühr, um die Straße zum Sentinel Peak nutzen zu dürfen. Kein Problem, für eine gute Straße zur gefährlichsten Wanderung Südafrikas geben wir gern eine kleine Spende. Der Pförtner hält uns zudem einen Zettel ins Auto, dass unbedingt Allradantrieb (4×4) nötig ist, um die Straße zu passieren. Alternativ gibt es einen Shuttle Service von der nahe gelegenen Witsieshoek Mountain Lodge zum Beginn der Wanderung.

In unserem Nissan X-Trail fühlen wir uns hervorragend ausgestattet, schalten auf 4×4 und fahren weiter. Die Straße ist auf den ersten Kilometern nach dem Tor wie aus dem Bilderbuch und schlängelt sich elegant die Berge entlang. Hier könnte man auch mit einem tiefergelegten Sportwagen bequem entlang cruisen.  Bis es zu einer Abzweigung kommt. Während es links zu besagter Lodge geht, hört rechts die Straße auf als hätte man keine Lust mehr gehabt diesen Teil weiter auszubauen. Ein Blick aufs Navi und aufs Schild verrät dann aber, dass wir nach rechts abbiegen müssen. Dafür also der Allradantrieb.

Es ist nicht nur so, dass die Straße aufhört, das was wir dort finden ist vielmehr das Gegenteil einer Straße, als ob man alles tut, um es Autos schwer zu machen dort zu fahren. Es ist nicht nur keine Straße, es gibt dafür kein Wort.  Eigentlich ist es nicht viel mehr als ein Geröllfeld. Das Abenteuer „Sentinel Park Hike“ fängt also schon vor der eigentlichen Wanderung an.

Große Steine wechseln sich mit tiefen Löchern ab. Bergauf, bergab. Fährt man über die großen Steine rechts oder nimmt man doch besser das tiefe Loch links mit? Schweißtreibende fünf bis sechs Kilometer mit Schrittgeschwindigkeit später ist man wieder auf einer Straße, die diesen Namen auch wirklich verdient. Wir kommen an einen Parkplatz, hier wird gerade noch gebaut. Vielleicht sollte man erst mal eine Straße fertig stellen?!? Die Vorschrift, den Weg nur im Allradantrieb zu nehmen, können wir strikt unterschreiben! Alles andere wäre leichtsinnig und fehlende Bodenfreiheit würde bei Abgabe des Mietwagens sicherlich für ein paar Probleme sorgen, wenn man die Schäden am Unterboden erklären muss.

Die Wanderung beginnt

Los geht’s auf dem Sentinel Peak Hike

Oben wartet in einer mit einem Holzofen verrauchten kleinen Bauarbeiterbretterbude ein netter Herr, der nochmal eine kleine Gebühr für die Wanderung kassiert und einem eine wenig professionelle, aber – wie sich später herausstellt – erstaunlich genaue Karte aushändigt. Und los geht’s! Es ist 09:24! Das Ziel: Die berüchtigte Chain-Ladder. Eine in den Fels gehängte eiserne Strickleiter.  Der Herr vom Parkplatz empfahl uns bei der Wanderung den so genannten Gully rauf und die Leiter wieder runter zu nehmen. Genau entgegen unseres Plans. Wir wollten zunächst einmal zur Leiter und wenn wir den Mut zusammen nehmen natürlich auch dort hoch. Und wenn ich eine Leiter runter gehen kann, dann geht es auch dort rauf. Selbst wenn man es nicht kann, zumindest sehen wollen wir sie. Also los!

Der Weg ist anfangs noch mit Pflastersteinen befestigt und recht gut zu erkennen.  Nun, viel gibt es hier oben auch nicht. Voller Mut geht es den Berg entlang immer leicht nach oben.

Herrliche Aussicht – Da geht’s rauf?

Wir verlieren den Weg einmal kurz aus den Augen und erklimmen eine Steigung eher freestyle, finden den Weg aber weiterhin gut. Der Weg ist schmal, aber mit gutem Tritt zu meistern. An schwierigen Stellen sind kleine Tritthilfen befestigt. Die Höhe macht sich für uns Flachlandbewohner aber durchaus schon bemerkbar und wir legen eine kleine Brotzeit ein. Gut, dass wir uns vor der Wanderung mit Proviant und vor allem zwei Flaschen energiespendender Powerrade eingedeckt hatten.Das Wetter ist herrlich und die Sonne taucht die Berge in einen warmen Farbton. Werden wir wirklich die hohen Felswände, die wir sehen erklimmen? Ein Schild weist daraufhin, dass die Leiter nicht passiert werden kann. Davon lassen wir uns aber nicht entmutigen, schließlich sagte der Mann vom Parkplatz, dass wir die Leiter runter gehen können.

Wir treffen drei Jungs aus entgegengesetzter Richtung und fragen, wie weit die Leiter entfernt ist und ob diese machbar sei. Die Antwort:  Nicht mehr weit und kein Problem. Also voller Motivation weiter. Und dann sehen wir Sie: Die Leiter. Und es steht fest:  Da gehen wir hoch, gar kein Ding.

Die Leiter

Die berüchtige Leiter – kein Problem!

An der Leiter treffen wir auf zwei weitere Wandererpärchen, eines ist die Leiter abgestiegen, das andere will sie erklimmen. Das können wir auch und wählen die rechte von zwei Leitern. Andrea zuerst, dann Jonas. Die Leiter wackelt etwas, aber Schritt für Schritt ohne Blick nach unten und mit dem Gedanken, dass derjenige, der hier oben irgendwo in den afrikanischen Bergen einfach mal ne Leiter in den Berg schraubt schon weiß, was er da tut. Dann ist die Leiter geschafft und man ist oben, wo man den Blick auf eine zweite Leiter hat. Ja, es gibt zwei Leitern, die man auf dem Weg nach oben schaffen muss.

Ok, dann auch noch diese Leiter.  Oben dann absolute Erleichterung und Stolz, voller Adrenalin und guter Laune geht es auf dem Plateau des Sentinel Peak weiter. Nur wohin? Die Leiter war ja das Ziel.

Geschafft!

Einfach mal weiter, hier soll es ja einen Wasserfall, die Tugela Falls, geben und von da geht es dann einfach den Gully wieder zurück. Hier oben ist leider kein Weg eindeutig  zu erkennen, aber immer noch voller Stolz wegen der Leiter geht es einfach geradeaus. Wir finden den Wasserfall und finden ihn doch nicht. Der ist nämlich vollkommen ausgetrocknet und deswegen wenig spektakulär.

Die trockenen Tugela Falls

Der ungewisse Weg zurück

Wir treffen auf ein anderes Pärchen, dass ebenso verzweifelt wie wir nach dem Gully suchen, ihn aber nicht finden konnten und deswegen kehrt machen und die Leiter wieder runter nehmen. Für uns ist das aber keine Option, wir geben so leicht nicht auf! Allerdings sehen wir weder einen Weg, noch irgendwelche Schilder, die uns den Weg weisen könnten.  Also die Leiter wieder runter? Nein, den Weg wird man doch finden. Ein Blick auf die ausgehändigte Karte zeigt die ungefähre Richtung an und ein kleiner Trampelpfad ist doch sichtbar. Also los. Das Wetter wird indes in dieser Höhe eher schlechter. Windig und immer mehr Wolken kommen auf. Das letzte was wir wollen ist hier auf dem Sentinel Peak Plateau bei schlechtem Wetter herumzuirren. Also gilt es schnell den richtigen Weg zu finden.

Wir haben die Karte vom Parkplatz, da ist der Weg drauf und wir haben die Samsung Health App auf dem Smartphone, mit der wir die Wanderung aufgezeichnet haben.  Ohne Internetverbindung kann man zwar nicht die hinterlegte Google Maps Karte sehen, aber den zurückgelegten Weg kann man erkennen. Und dieser ist exakt der auf der Karte eingezeichnete Weg. Also ist diese Karte doch brauchbar.  Also weiter nach GPS und Wanderkarte. Es geht bergauf, obwohl wir ja runter wollen, egal.  Das muss aber der richtige Weg sein. Auf der Karte ist der Verlauf eindeutig. Obwohl Andrea gerne eine Pause einlegen würde, marschieren wir weiter. Wir haben keine Zeit für Pause, wir müssen den Weg finden.

Steinhaufen, hier recht groß, markieren den Weg!

Man erkennt immer wieder kleine aufgehäufte Steinpyramiden entlang der Strecke, das sind doch Wegmarkierungen! Dann hören wir Stimmen. Ist das das Ende? Ja, drei Wanderer kommen gerade aus dem Gully. Mit gegenseitiger Erleichterung fragen wir uns: seid ihr den Gully rauf? Ja! Seid ihr die Leiter rauf? Ja! Erleichterung. Wir waren auf dem richtigen Weg.

The Gully – Hier geht’s runter!

Jetzt ist alles gut. Naja, nur das wir eine steile Felsspalte voller Geröll herunterklettern müssen. Gut, dass wir hier nicht rauf gingen. Wir freuen uns mächtig, doch die Leiter zuerst gewählt zu haben. Bei allem sportlichen Ehrgeiz, den wir haben, da wären wir wahrscheinlich nie hoch gekommen. Langsam und vorsichtig geht es herunter. Wer das hier als regulären Weg bezeichnet hat, der hat vermutlich auch die Anfahrtsstraße geplant. Nach einiger Zeit erreichen wir aber wieder den Wanderweg, den wir schon kennen. Jetzt haben wir es wirklich geschafft. Bei immer stärker werdendem Wind kehren wir zum Parkplatz zurück, den wir um 14:40 Uhr, nach 5 Stunden und 15 Minuten, wieder stolz und glücklich erreichen.

Erleichert machen wir noch eine kleine Pause und steigen wieder ins Auto. Und ab nach Clarens…. Warte mal, da war doch was: Die Geröllstraße! Diesmal scheinbar noch steiler und gerölliger. Vielleicht sollte man besser über die ebene Wiese neben der Schotterpiste fahren…

Die Wanderroute: Die Leiter (km 5), Tugela Falls (km 7), the Gully (km 9)

Fazit:  Die Wanderung hat uns einiges abverlangt, war aber im Großen und Ganzen gut zu meistern. Dennoch: Diese 13,75 km auf über 2300m über NN sollte man wirklich nur bei gutem Fitnesszustand und gutem Wetter in Angriff nehmen.  Neben dem tollen Bergpanorama ist vor allem der Weg selbst das Ziel. Natürlich sollte man vor der Wanderung durchaus auf diejenigen hören, die einem vor Ort den besten Weg empfehlen, aber wenn man die Leiter heruntergehen kann, dann geht es dort auch rauf.  Auf dem Sentinel Peak Plateau markieren die Steinpyramiden – mal größer, mal kleiner – kontinuierlich den Weg,  man muss sie nur wahrnehmen. Die Karte vom Parkplatz erscheint zwar eher unnütz ist aber erstaunlich präzise und hat uns zuverlässig zum Gully geführt. Diesen würden wir im Übrigen nicht für einen Aufstieg empfehlen. Ob es wirklich die gefährlichste Wanderung Südafrikas ist? Schwierig zu sagen, für uns war es jedenfalls die Abenteuerlichste überhaupt!

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