Clarens – Südafrika mal anders

Clarens – Südafrika mal anders

Nach unserer Wanderung zum Sentinel Peak steht uns nicht mehr der Sinn nach großer Action. Nachdem wir den Golden Gate Highlands Park nur durchquerten und uns einig waren, dass wir hierhin nochmal zurückkehren, kommen wir nach Clarens. Einem kleinen Städtchen, was zu Recht als must-see angepriesen wird. Hier ist Südafrika ganz anders und vor allem auch nach Anbruch der Dunkelheit sehr sicher. Es ist nicht so, dass wir uns auf unserer Tour durchs Land wirklich unsicher gefühlt haben, aber in Clarens verfliegt auch die letzte kleine Sorge.

Wir beziehen für zwei Nächte unser Quartier in der ausgezeichneten Unterkunft MT Horeb Manor und werden so herzlich empfangen, als ob wir in unserer eigenen Familie ankommen. Frans und Ursula sind hervorragende Gastgeber!

Abends machen wir uns zu Fuß auf den Weg und gönnen uns Pizza und Pasta. Und was soll man sagen, gute Pizza können nur die Italiener selbst. Der Pizzaboden ist italienisch dünn, aber der Belag fleischig-käsig  wie bei einer us-amerikanischen Pizza. Gewöhnungsbedürftig. Zumindest waren die Pizzabelagskombinationen nicht so abwegig wie in Pärnu, Estland, wo es keine Pizza ohne Blauschimmelkäse oder Hackfleisch gab.

Clarens – Kleines Dorf, großer Spaß

Am nächsten Tag können wir Clarens dann erst so richtig erkunden. Zunächst ruhen wir unsere Beine aus und machen uns von der Unterkunft daran die Umgebung zu erkunden. Mehrere gut beschilderte Wanderwege führen um den Ort. Eine entsprechende Karte inklusive Wanderpermit erhalten wir von unseren Gastgebern und so machen wir uns bei bestem Wetter auf den Weg rund um und durch den Ort. Hier lässt es sich leben!

Leckere Getränke in der Clarens Brewery

Am Nachmittag steht dann der Ortskern auf dem Programm. Mit seinen nicht einmal 1000 Einwohner ist dies in Clarens zwar nur eine Wiese mit vielen Läden und Restaurants rundherum, aber nicht weniger erlebenswert. Es ist Samstag und ein kleines Festival findet auch noch statt. Die Stadt ist voll! Wochenenden im Urlaub sind immer unnötig, vor allem wenn man diese an ohnehin beliebten Orten verbringt. Aber wir lassen uns davon nicht abschrecken und besuchen die ebenfalls gut ausgelastete Clarens Brewery. Wir stehen vor der Qual der Wahl verschiedenster Bier- und Cidersorten und testen uns erst einmal mit einer Probierplatte durchs Sortiment. Nachdem wir uns für ein Blonde und einen Cherry Cider entscheiden, essen wir eine sehr gute Brauhaus-Platte mit German Wurst, Brötchen und Dips und bestellen eine weitere Getränkerunde (diesmal das Stout und das Weiss). Ja, so leben die Deutschen!

Abendessen sollte es im Clementines geben, aber am Wochenende ohne Reservierung haben wir keine Chance. Auch bei den anderen Restaurants sieht es ähnlich aus. Wochenende im Urlaub braucht echt niemand!  Wir bekommen zum Glück noch einen Tisch beim ebenfalls nahezu ausgebuchten Portugiesen und bekommen wirklich riesige Portionen Fleisch!  Wir lassen es uns richtig gut gehen. Während des Essen zieht ein massives Gewitter auf und im strömenden Regen laufen/joggen wir zurück zu unserer Unterkunft. Die ganze Nacht regnet, blitzt und donnert es und am nächsten Tag ist, als wäre nichts geschehen: Die Sonne strahlt.

Der Golden Gate Highland Nationalpark

Heute sollte es Richtung Johannesburg gehen, wo morgen unser Inlandsflug nach Kapstadt ansteht. Wir verlassen Clarens und ziehen ein erstes Fazit: Absolut sehenswert. Nicht nur, dass der Ort und die Umgebung zum erholen und entspannen einladen, auch Ausflüge ins Nachbarland Lesotho oder den Golden Gate Highlands Nationalpark bieten sich an. Und in Letzteren zieht es uns auch nochmal an diesem Tag. Schließlich gibt es rund um Clarens wirklich mehr als nur Essen. Aber hey, wir hatten eine fünfstündige Gebirgswanderung hinter uns!

Golden Gate Highland Park

Es fehlte leider so recht an einer guten Karte des Parks, aber die zwei Rundwege, die man per Auto fahren kann, sind auch so zu finden. Sie biegen jeweils von der großen den Park durchquerenden R712 ab. Bereits auf unserem Weg nach Clarens konnten wir die Felsformationen bewundern, die besonders abends und in der Dämmerung dem Namen des Parks alle Ehre machen. Aber auch morgens sind die bizarren, sandfarbenen Felsen ein echter Hingucker.

Weißschwanzgnu im Golden Gate Highland National Park

Viele Flächen im Park sind leider schwarz verkohlt und ein entsprechender beißender Geruch steigt uns in die Nase. Aber Feuer ist Teil des „Circle of Life“ in Grassavannen und wichtig für die Natur! Nicht genau wissend, was uns im Park erwartet machen wir uns auf den ersten Loop. Wir sehen ein paar Schakale in der Ferne an den Berghängen und sehen ein einzelnes Gnu mit weißem Schwanz. Ein Blick in den Tierführer verrät: Ein Weißschwanzgnu! Deutlich von seinen gestreiften Vettern zu unterscheiden. Wer hätte gedacht, dass wir fernab der klassischen Safariparks noch ein neues Tier sehen.

Fast leerer Tisch im Geierrestaurant

Dann kommen wir zum Geierrestaurant, ja schon wieder Essen, aber nicht für uns, sondern für die Geier. Vom Parkplatz aus machen wir uns leise (!) auf den Weg zu einer kleinen Hütte. Von dort hat man einen guten und geschützten Blick auf Tierkadaver. Diese werden hier platziert, um die im Park lebenden Bartgeier zu beobachten. Um diese nicht zu verscheuchen ist es absolut notwendig sich bereits vom Parkplatz an ruhig zu verhalten. Wir haben leider kein Glück und vermutlich auch keine ausreichende Geduld, um die Geier zu sehen, es ist aber auch nur noch wenig Fleisch an den Überresten. Dafür galoppiert ein weiteres Weißschwanzgnu umher und ein immerhin als „gefährdet“ eingestufter Glattnackenrapp stolziert durchs Gras. Die weitere Fahrt bietet nochmal tolle Aussichten auf das Gelände und auch mehrere Zebraherden lassen sich entdecken.

Zebras im Golden Gate Highland Nationalpark

Unser letzter Halt vor Johannesburg

Dann verabschieden wir uns vom Park und machen uns auf den Weg in Richtung Johannesburg. Die Strecke von Clarens nach Johannesburg am Abflugtag zu fahren war uns zu stressig. Warum wir uns nicht entschieden die Nacht irgendwo in Airportnähe zu verbringen, erschließt sich uns nun aber auch nicht mehr. Nach Johannesburg reinfahren mussten wir ja sowieso. Aber was solls. Wir fahren durch endlose eintönige Graslandschaften, an unspektakulärer Landschaft vorbei. Unser Ziel die Warembo Lodge bei Grootvlei. Eine nette Anlage, aber wer zur Hölle macht hier mitten im Nirgendwo Urlaub? Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe? Eher weniger. Restaurants in der Nähe? Nein. Immerhin sehen wir kurz vor der Abzweigung zur Lodge eine Gruppe Flamingos.

Nach kurzer Internetrecherche entschließen wir uns im 20 km entfernten Balfour das Restaurant The Kliphuis aufzusuchen. Es sollte eine unserer kuriosesten Erfahrungen werden. Wir finden die Adresse nicht gleich und fragen eine Familie nach dem Weg. Die Einfahrt zum Gelände erinnert an einen etwas vernachlässigten Schrebergarten, das Restaurant besteht aus einem Bretterverschlag. Wir sind uns nicht einig, ob wir hier wirklich richtig sind, aber mangels Alternativen haben wir keine Wahl. Immerhin hat uns die Familie, die wir nach dem Weg fragten ja auch nicht davon abgeraten.

Die Tür geht auf, wir stehen im Gastraum und die Alarmanlage geht an! Wenige Sekunden später steht ein großer, bäriger, älterer, weißer Südafrikaner vor uns. Ok, tut uns Leid, wir sind sofort weg! Doch nichts da, es gibt kein Entkommen und der Mann öffnet extra, nur für uns sein Restaurant, während sich seine Frau für uns an den Grill stellt. Das Sonnenlicht scheint spärlich durch die Ritzen der Bretterwände und unser Gastgeber schmeißt die Musikbox an aus der niederländisch/afrikaanse Dudelmusik ertönt. Eine Atmosphäre die dem absurden Anfang eines Serienmörderhorrorfilms ähnelt.  Wir bestellen Stoney‘s Ingwerbier und zwei Burger, die hoffentlich nicht aus dem Fleisch der vorherigen Gäste bestehen. Aber doch recht schnell fühlen wir uns hier wohl. Das Essen ist gut,  und unverschämt günstig, sodass wir ein Trinkgeld nahe der 30% hinterlassen und dennoch weit unter einem Preis bleiben den man in Deutschland pro Person zahlen würde. Wir werden sogar noch für morgen zum Frühstück eingeladen, aber das passt leider mit unserem Flug nicht so ganz. Und vielleicht werden hier die Gäste ja doch nur nach dem Frühstück zu Hackfleisch verarbeitet…

Unser Fazit: Clarens ist schön und sollte bei einer Rundreise um Johannesburg unbedingt eingeplant werden. Auch der Golden Gate Highland Nationalpark ist ein lohnendes Ziel und lockt mit Tieren und interessanten Wanderungen für die wir leider keine Zeit finden konnten. Die Einöde im weiteren Umland von Johannesburg, in der wir unsere letzte Nacht verbracht haben, lädt Besucher aber nicht wirklich ein. Wir sind dennoch eine kuriose Erfahrung reicher geworden und waren gespannt, was uns in Kapstadt so alles erwartet!

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