Kanada – Wälder, Berge und Meer

Kanada – Wälder, Berge und Meer

Ich war da, ich musste geh’n. Ich machte keine Spuren. Aber der Wind hat mein Lied gehört

Indianisches Spichwort

Nach unserer ersten Tour 2014 wussten wir: Reisen ist unser Ding. Und noch mehr: Der Norden ist wie auf uns zugeschnitten. Und da eine Reise durch Kanada schon immer Andreas Kindheitstraum war  – wobei sie da eher an einen 2 -wöchigen Wanderritt gedacht hatte, als an eine wirkliche Rundreise – stand unser Reiseziel für 2015 fest. Allerdings mussten wir uns dabei deutlich mehr Herausforderungen stellen, als noch das Jahr zuvor. Schweden ist zwar schon groß, aber Kanada ist RIESIG! Dennoch einfach optimal für einen Roadtrip für Reiseanfänger!

Unsere Route

Wir planen einen kompletten Monat Zeit ein, um nur einen kleinen Teil des Landes zu besuchen. Und im Nachhinein war selbst das noch zu kurz.  Juli und August gelten als beste Reisezeit für den Westen Kanadas, da das Wetter dann schon beständig und nicht zu ruppig ist. Auf vielen Seiten wird außerdem empfohlen, gerade in dieser Zeit sehr früh mit allerlei Buchungen zu sein, da viele Unterkünfte und auch Campingplätze schon schnell ausgebucht sind.  Unsere Reise hatten wir von Ende Mai bis Ende Juni angesetzt und wir hatten im Grunde durchweg bestes Reise- und Campingwetter. Da einige Bergstraßen und Sehenswürdigkeiten so früh im Jahr aber noch nicht immer erreichbar sind, besteht unsere Route aus drei Schleifen mit Kreuzungspunkten in Kamloops, Banff und Vancouver. Kanada ist berühmt für seine Natur und so übernachteten wir, außer in Vancouver und Seattle, bei unserem kleinen USA-Abstecher, ausschließlich auf Campingplätzen.  Anstatt ein Wohnmobil zu mieten entschlossen wir uns für die günstigere Variante Mietwagen und Zelt, auch um es in größeren Städten  etwas entspannter angehen zu können. Für unsere Schwedenreise hatten wir uns ein Zelt mitgenommen, welches aber für die nächste Reise nicht mehr zur Verfügung stand… Daher entschieden wir uns eines vor Ort zu kaufen. Diese sind von guter Qualität und auch günstiger als in Deutschland.

Downtown in Vancouver

Mit dem Gefühl, gut vorbereitet zu sein, starten wir unser Abenteuer Ende Mai 2015. Wir fliegen von Frankfurt am Main über London nach Vancouver. Nach der Ankunft geht es mit der Bahn in Stadtzentrum und weiter mit dem Taxi zum Hotel im Stadtteil Westend und nach langem Flug und Zeitverschiebung endlich ins Bett. Trotzdem ist die Nacht für uns morgens um vier rum; die innere Uhr lässt sich nun mal nicht so leicht austricksen. Wir nutzen die frühen und ruhigen Morgenstunden und besuchen die Lost Lagoon, die zu so einer Uhrzeit herrlich ruhig ist. Nach dem Frühstück geht’s zum English Bay Beach und nach einem (Vor-)Mittagsschläfchen gemütlich nach Downtown, Gastown und Chinatown.

Totem Poles im Stanley Park

Am Tag drauf ist der Jetlag noch immer nicht überwunden. Früh morgens geht’s also noch zu Fuß zu den Totem Poles im Stanley Park, bevor wir den Mietwagen abholen und uns beim Walmart mit allen wichtigen Dingen für die nächsten Wochen eindecken. Hier finden wir auch unser Zelt, für 50 $, das uns treu während unserer Tour begleiten wird und auch weiterhin begleitet.  Wir orientieren uns in den ersten Tag am Trans-Canada Highway  No. 1, der uns ins Tal des Fraser Rivers führt.  Auf der Strecke nehmen wir unsere ersten Wasserfälle, die Bridal Veil Falls mit. Viele weitere spektakuläre Wasserkaskaden werden uns in diesem Urlaub begleiten. In Hope und Kamloops stehen unsere ersten Übernachtungen im neuen Zelt an und auch die Verpflegung gleicht der, der nächsten Tage: Fast Food und Grillen. Willkommen in Nordamerika!

Roger’s Pass

Auf dem Weg nach Kamloops passieren wir Hell’s Gate, eine extremen Verengung des Fraser Rivers, an der sich das Wasser mit gewaltiger Kraft drängt und wir machen einen Stopp im Juniper Beach Provincial Park und entdecken Kakteen. So hatten wir uns die Weiten Kanadas irgendwie nicht vorgestellt.  Klischeehafter wird es erst am folgenden Tag, denn wir nähern uns den Rocky Mountains. Im Glacier Nationalpark machen wir Halt an zwei tollen Boardwalks (Giant Cedar und Skunk Cabbage Boardwalk) und dem Roger’s Pass. Hier kaufen wir unseren Nationalpark Pass, den Discovery Pass, lernen wie wir uns bei Bärenkontakt verhalten und genießen die herrliche Gebirgskulisse. 

Lake Moraine

Weiter geht’s zu den Highlights des Yoho Nationalparks, den Wapta Falls, der Natural Bridge und zum türkisfarbenen Emerald Lake. Die Farbe ist toll und findet sich auch in anderen Gebirgsseen der Gegend. Es geht für uns nach Lake Louise und zum Lake Mouraine, bevor wir uns auf dem parallel zum Highway 1 verlaufenen Highway 1A auf Wildtiersuche machen. Diese Straße, die wesentlich weniger Verkehr bei geringeren Geschwindigkeiten verspricht gilt als perfekte Möglichkeit die Tierwelt der kanadischen Rocky Mountain zu entdecken. Außer ein Wapiti in der Ferne haben wir aber kein Glück, obwohl wir die Straße auf unserer Reise drei Mal passieren.

Streifenhörnchen in Banff

In Banff angekommen, ist es ein wenig vorbei mit unberührter Natur. Die Stadt ist voll auf den Tourismus ausgelegt und hat wenig Flair. Schließlich nutzt man das kleine Städtchen als Ausgangspunkt für zahlreiche Erkundungen in den umliegenden Nationalparks. Hier merken wir die Nachteile unserer frühen Reise, es ist kühl und regnerisch, was den Besuch der heißen Quellen, aber umso angenehmer macht. Es gibt aber noch eine Reihe weiterer kleiner Touren, in und um Banff, die einen Besuch lohnen.  Zehn Tage später werden wir wieder in Banff vorbeischauen.

Bar-U-Ranch

Wir lassen aber zunächst die Berge hinter uns und tauschen Auto gegen Pferd. Ein Wanderritt in Bragg Creek  führt uns, leider im strömenden Regen, durch die Natur. Für Andrea, als passionierte Reiterin ein Traum, für Jonas eine neue Erfahrung, die wir beide aber nicht missen wollen. Von unseren liebevollen Gastgebern, erhalten wir den Tipp einen Ausflug zur Bar-U-Ranch zu machen, bevor wir uns nach Calgary begeben. Gesagt, getan. Schon für die Aussicht nahe des Städtchens „Longview“ lohnt es sich. Doch auch die Ranch an sich ist informativ und zeigt die Lebensweise der europäischen Siedler im „Wilden Westen“. Im Übrigen ist der Besuch der Ranch, wie bei vielen anderen Historic Sites im Umfang des Discovery Pass enthalten.

Bucking Horse Rodeo in Rocky Mountain House

Nach einer Nacht in Calgary machen wir uns auf den Weg zu noch mehr „Wild West Feeling“. In Rocky Mountain House steht ein Rodeo an und wir mischen uns unter die Einheimischen. Los geht’s am Vormittag mit einer Parade mit Pferden, Musik und allerlei Kuriositäten, bevor es am Nachmittag sportlich wird. Cowboys und Cowgirls messen sich in verschiedenen Disziplinen: Bucking Horse, Bull Riding, Cattle Roping, Steer Wrestling, Team Roping und Barrel Racing. Faszinierende Leistungen und einmalige Atmosphäre eines kanadischen Volksfests bei bestem Sommerwetter! Was für ein Erlebnis!

Auge in Auge mit der Bisonherde

Unsere Reise führt uns weiter nach Edmonton und in den Elk Island National Park. Dieser ist vollkommen umzäunt und lockt uns mit einer angeblich höheren Dichte an Huftieren als die afrikanische Serengeti. Wir bleiben zwei Nächte und begeben uns auf einige im Grunde schön angelegte Wanderwege. Allerdings ist die Moskitodichte, dort ebenfalls sehr hoch, was die Freude über die Natur doch ordentlich trübt. Das Erlebnis Auge in Auge mit einer Bisonherde zu stehen bleibt dennoch unvergesslich, vor allem unvergesslich beängstigend! Auf Bären wären wir vorbereitet gewesen…bestimmt….

Skurrile Landschaft im Dinosaur Provincial Park

Für uns geht es am nächsten Tag gen Süden zum Dinosaur Provincial Park, einfach geradeaus. Und zwar wirklich geradeaus, knapp 400km lang. Allein dieser Weg ist in Europa undenkbar und zeigt die unendliche Weite Kanadas. Wir verbringen auch hier zwei Nächte im Park, der weltweit ergiebigsten Fundstätte für Fossilienjäger. Mitten in den von Erosion geformten Badlands lässt es sich herrlich entspannen und auch staunen, was für Landschaften durch die Natur geformt werden können. Auch hier gibt es kleine Wanderwege, die sogar an Dino-Fußspuren vorbei führen und das kleine Museum ist ebenfalls sehenswert!

Wanderweg im Johnston Canyon

Leider ist unsere Zeit begrenzt und wir begeben uns wieder zurück Richtung Rocky Mountains, vorbei an Calgary übernachten wir wieder in Banff. Eine tolle Wanderung führt uns in den Johnston Canyon und wir erfahren, dass die Zufahrt zu den Takakkaw Falls im Yoho Nationalpark, seit zwei Tagen geöffnet ist. Das ist Timing! Der Name stammt aus der Sprache der Cree und beschreibt die Wasserfälle, die zumeist ab Mitte Juni zu besichtigen sind, ziemlich gut: „Es ist großartig!“

Ein Bär!

Unsere nächste Nacht verbringen wir auf dem Mosquito Creek Campground. Nachdem wir im Dinosaur Provincial Park noch bei über 30 °C in der Sonne saßen, wachen wir nun morgens im Zelt auf und haben eine dünne Schicht Schnee auf dem Auto und den umliegenden Bergen. Wir packen uns warm ein und machen uns früh auf den Weg zum Peyto Lake. Ein gemütliches Frühstück ist bei den Temperaturen eher nicht drin. Die Aussicht auf den abermals türkisenen Gletschersee ist grandios. Noch aufregender ist aber der Bär, der uns wenige Minuten später auf der Straße begegnet. Es sollte leider unsere einzige Bärenbegegnung bleiben.

Auf dem Whistler Mountain in Jasper

Unser Ziel für ist Jasper im gleichnamigen Nationalpark. Wir machen halt am Mistaya Canyon, laufen zu den beiden Aussichtspunkten der Sunwapta Falls, besuchen das Columbia Icefield und sehen die Athabasca Falls bevor wir Jasper erreichen und zwei Nächte bleiben. Dort warnen uns Schilder auf dem Campingplatz vor Wapitikälber reißenden Grizzly-Bären. Gut, dass wir in einem Zelt schlafen… Jasper hat mehr Charme als Banff. Wir wandern im Maligne Canyon, fahren zum Medicine Lake und mit der Bergbahn auf den Whistler Mountain. Nachdem uns hier ein kleiner Hagelschauer überrascht, wir befinden uns schließlich im Hochgebirge, lassen wir den Tag in den Miette Hot Springs ausklingen.

Helmcken Falls im Wells Gray Provincial Park

Am nächsten Tag verabschieden wir uns von den Rocky Mountain‘s mit einem letzten Blick auf den Mount Robson. Bevor wir im mückenverseuchten North Thompson River Provincial Park unser Zelt aufschlagen besuchen wir bei Clearwater den Wells Gray Provincial Park und kreuzen drei weitere spektakuläre Wasserfälle auf unserer Liste: die Spahats Creek Falls, die Dawson Falls und die Helmcken Falls.

Whistler

Wir passieren erneut Kamloops, nehmen aber Richtung Vancouver den Highway 99, um Whistler einen Besuch abzustatten. Zunächst geht es aber wieder durch herrliche Landschaften, vorbei am Joffre Lake zum Nairns Fall Provincial Park. Von hier machen wir uns auf den Weg nach Whistler. Die Stadt der olympischen Winterspiele 2010 ist schön und lädt zum schlendern und verweilen ein. Hier lässt es sich auch im Sommer gut aushalten.

Wir erreichen am nächsten Tag wieder Vancouver, haben aber das Ende unserer Reise noch längst nicht erreicht. Nach einem Halt am Howe Sound in Squamish  besuchen wir in Vancouver den Lynn Canyon und kommen den Baumwipfeln auf der kostenlosen Hängebrücke sehr nah. Anschließend geht es für uns in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo wir vier Nächte verbringen.  

Orca – direkt vor Vancouver

Erst nach diesen vier Tagen schlagen wir unser Zelt wieder in Vancouver auf. Naja, eigentlich nicht, denn wir gönnen uns  nach vier Wochen Camping ein Bett. Unsere Tour hat sich auch noch ein Highlight für den Schluss aufgehoben: Whale Watching. Wir müssen nicht weit fahren, um die hier an der Pazifikküste lebenden Orca zu entdecken. Was für ein Anblick! Den Rest des Tages verbringen wir auf Granville Island in Vancouver, bevor der letzte Tag des Urlaubs anbricht. An diesem geben wir unseren Mietwagen ab, vergessen im Stress unsere Discovery Pass vom Rückspiegel zu nehmen und entscheiden uns für einen Besuch im Vancouver Aquarium. Hier gibt es zum Glück keine Orcas in Gefangenschaft mehr, schließlich schwimmen diese ja auch einfach vor der Küste. Am nächsten Morgen geht es dann zum Flughafen und erneut über London nach Hause.

Unser Fazit: Der Westen Kanadas ist ideal für Reiseanfänger und bietet genug Wow-Erlebnisse für erfahrene Reisehasen. Vom gemäßigten Regenwald bei Vancouver, über die warm-trockenen Täler um Kamloops, von den Bergen der Rocky Mountains, über die Prärie zwischen Calgary und Edmonton zu den mondartigen Badlands des Dinosaur Provincial Park bietet das Land für jeden Geschmack das Richtige. Vor allem aber für diejenigen, die sich nicht entscheiden können. Die Organisation der Reise ist unkompliziert und die gut ausgestatteten Campingplätze – Feuerstelle und Bank ist an jedem Stellplatz vorhanden – lassen sich zumindest außerhalb der Hauptsaison problemlos spontan vor Ort reservieren.  Wir haben mit unserem Mietwagen einige Kilometer zurückgelegt, was angesichts zahlreicher Stop-and-Go Sehenswürdigkeiten im Grunde recht kurzweilig ist. Schließlich ist ja auch der Weg das Ziel!

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