Die ersten Tage USA – rund um Seattle
Nach 24 Tagen in Kanada machen wir uns auf den Weg in die Vereinigten Staaten von Amerika! Sind die gegenseitigen Vorurteile zwischen Kanadiern und US-Amerikanern wirklich wahr? Erleben wir einen Kulturschock, wenn wir die weltweit längste Grenze zwischen zwei Staaten überqueren? Diese Fragen stellen wir uns eigentlich nicht. Wir sind da pragmatischer und fragen uns eher, wie eigentlich so ein Grenzübergang per Auto funktioniert. Im Europa ohne Grenzen haben wir beide dies noch nicht wirklich erlebt. Selbst eine Fahrt in die Schweiz ist nicht so wirklich ein Grenzübergang mit Pass, Zoll, etc.
Gegen Nachmittag nähern wir uns der kanadisch-us-amerikanischen Grenze. Es gibt mehrere Spuren und wir nehmen zunächst die falsche Spur, auf der es deutlich schneller voran geht, denn diese ist regelmäßigen Pendlern vorbehalten. Also mogeln wir uns ein wenig in den Stau auf der anderen Spur rein. Und dann heißt es warten. Die kanadischen Grenzbeamten interessieren sich nicht für uns – Ausreisestempel gibt es nicht.
Wir erreichen den us-amerikanischen Grenzposten, zeigen unsere Pässe und werden gefragt, ob wir Obst oder Gemüse mitführen und ob, wir in Besitz von ESTA sind. Wir werden zur Seite gebeten, parken und gehen dann ins Grenzgebäude. Auch hier heißt es wieder warten. Bereits jetzt sei gesagt, dass wir ESTA, also die vorherige Registrierung im Electronic System for Travel Authorization nicht benötigen. Diese ist nur bei Einreise auf dem Luft- oder Seeweg nötig. Dennoch müssen wir die gleichen Angaben auf einem Formular angeben und eine Bearbeitungsgebühr zahlen.
Schon nach wenigen Minuten in der Warteschlange wissen wir, welcher Grenzbeamte bitte nicht für uns zuständig sein soll und etwa 15 Minuten später ruft dieser uns zu sich. Na, toll. Wir erklären dem Beamten unsere Reisepläne und er macht einen Eindruck, als ob wir die ersten Touristen wären, die sein Land besuchen. Nachdem dann noch geklärt werden konnte, dass „born in Germany“ und „Bonn in Germany“ unterschiedliche Bedeutungen haben, lässt er uns einreisen. Lediglich den Eintritt von 12 $ müssen wir noch bezahlen. Der kassierende Kollege ist super freundlich und bittet uns um „swöööölf“ Dollar. Wir sind wohl doch nicht die ersten Deutschen hier! Zurück ins Auto und los geht’s: Welcome to the USA!
Unsere erste Station ist der Larrabee State Park, 31 Meilen entfernt. Ja, wir müssen uns daran gewöhnen das Entfernungen und Geschwindigkeitsbegrenzungen von jetzt an in Meilen angegeben werden. Aber der Tacho im Auto gibt auch diese Angaben an. Nachdem wir in einem Supermarkt unsere Vorräte aufgefüllt haben, kommen wir auf dem Campingplatz an. Um bei der Einreise eine erste Adresse vorzuweisen hatten wir bereits einen Platz auf dem Larrabee State Park Campground reserviert gehabt. Das war auch gut so. Es war das Wochenende des us-amerikanischen Father’s Day und es zieht die Leute in die Natur. Wir schlagen das Zelt auf, machen uns etwas zu eEssen und unternehmen noch einen kleinen Spaziergang zum Pazifischen Ozean.
Nach einem kurzen Stück durch den Wald, vorbei an verschiedenen Farnen, stehen wir schon an der Küste und blicken auf das tiefblaue Wasser. Hier können wir durchatmen, entspannen und wirklich realisieren, dass wir nun in den USA sind.
Seattle – The Emerald City
Am nächsten Tag soll es weiter nach Seattle gehen. Die Fahrtzeit beträgt etwa zwei Stunden und unser Hotel, ja endlich können wir wieder in einem Bett schlafen, bietet seinen Check-In erst ab 13 Uhr an. Also haben wir noch Zeit und beschließen diese noch im Larrabee State Park zu verbringen. Leider lässt es der Fuß von Andrea nicht zu und so macht sich Jonas alleine auf den Weg zum Fragrance Lake Trail Overlook. Vom Campingplatz geht es über die Straße und schon beginnt der Wanderweg. Es geht durch den Wald und schon nach wenigen Meter geht es im Zick-Zack steil bergauf. Gut, dass Andrea sich geschont hat. Nach so einigen Höhenmetern verläuft der Weg wieder recht flach durch den Wald.
Plötzlich ist Aufruhr in den Bäumen. Eine Eule jagt etwas und eine andere Eule blickt Jonas mitten in die Augen und folgt ihm auch mit ihrem Blick. Ok, einfach weitergehen. Eulen tun nichts, „die haben Brillen auf. Das sind die Langweiler des Waldes.“ Nach wenigen Metern ist die Eule vergessen, denn es kracht im Dickicht und ein aufgeschrecktes White Tail Deer nimmt Reiß aus. Hier ist ja was los!
Der Weg wird etwas dichter, bevor der Aussichtspunkt erreicht ist. Ein schöner Blick auf den Pazifik und die San Juan Islands. Einige Containerschiffe lassen sich ebenso erblicken. Aber alleine, ist der Ausblick nur halb so schön und es geht zurück zum Campingplatz. Jedoch wieder vorbei an der Eule, die immer noch an gleicher Stelle sitzt und nunmehr noch gebannter starren kann als vorher!
Dann machen wir uns auf den Weg nach Seattle. Die Fahrt verläuft problemlos und zügig erreichen wir die Ausläufer der Stadt. Bevor wir jedoch in unserem Hotel, dem Kings Inn, einquartieren, fahren wir zum Kerry Park im Stadtteil Queen Anne. Mitten im Wohngebiet hat man hier eine beeindruckende Aussicht auf die Skyline von Seattle mit der Space Needle und auf den Mount Rainier – wenn das Wetter mitspielt. Und für uns spielte es mit! Auch wenn der Aussichtspunkt kein richtiger Geheimtipp ist, ist es im Grunde kein Problem in der Nähe einen Parkplatz zu finden und dann die tolle Aussicht zu genießen.
Dann fahren wir zum Hotel, dem Kings Inn. Es ist zentrumsnah und verfügt über eine Tiefgarage. Mehr Luxus brauchen wir nach den vergangenen Tagen auf diversen Campingplätzen nicht!
Wir machen uns zu Fuß auf den Weg durch die Häuserschluchten und steuern den Pike Place Market an. Hier gibt es von Fisch, über Obst, Marmelade bis hin zu Blumen einfach alles. Wir schlendern mit vielen anderen Menschen dicht gedrängt durch die Gänge.
Für den Abend stand der Besuch eines Spiels der Seattle Mariners, der Baseball-Mannschaft auf dem Plan und wir entschieden uns den Weg zum Safeco Field zu Fuß zurückzulegen. Wir kommen zwar nicht an besonderen Sehenswürdigkeiten vorbei, aber das Flair der Stadt gefällt uns sehr gut. Es ist recht grün und die Leute sind entspannt.
Wir kommen am The Berliner Doner Kebab vorbei und können es uns nicht nehmen, nach fast vier Wochen mit nordamerikanischem Fast Food mal wieder einen Döner zu essen. Wir teilen uns daher einen sehr leckeren Lammdöner. Teilen? Einen Döner? Ja, niemand teilt sich einen Döner, aber wenn dieser knapp 8 € kostet und eine normale Größe hat, dann schon.
Am Stadion, dem Safeco-Field, angekommen holen wir uns zunächst unsere Tickets. Diese haben wir schon vor Wochen bestellt, bezahlt und zur Abholung hinterlegen lassen. Das klappt problemlos! Also rein ins Stadion. Wir sitzen im Oberrang hinter der Home Plate und haben noch genug Zeit, um uns aufs Spiel vorzubereiten. Die Seattle Mariners spielen gegen die Houston Astros. Die Saison der Major League Baseball sieht für jedes Team 162 Spiele vor, sodass in hoher Schlagzahl gespielt wird und man mehrfach hintereinander gegen das gleiche Team antritt. Bereits gestern spielte Seattle gegen Houston und auch am nächsten Tag stand ein erneutes Duell an.
Für uns steht neben dem Sport, aber vor allem das Erlebnis im Vordergrund. Wie auch schon beim kanadischen Rodeo tauchen wir tief in die us-amerikanische Kultur ein. Das Spiel ist in Gänze ein Erlebnis.
Das Rahmenprogramm mit Nationalhymne, die musikalischen Untermalungen in Spielpausen, die Reaktionen der Menschen aufs Spielgeschehen und vor allem die große Variation an fettigen und süßen Snacks sind fantastisch. Und so sitzen wir mit unserem auf ewig nachfüllbaren Becher Pepsi auf der Tribüne und verfolgen das Spiel, dessen Regeln wir im Großen und Ganzen auch nachvollziehen können.
Das Highlight des Spiels ist neben den Home Runs, ein Fan der einen Foul Ball über die Spielbegrenzung hinaus aus der Luft fängt und dem eigentlichen Spieler kurz vor dem Fanghandschuh wegschnappt. Damit verhindert er das Strike-Out für den Batter und wird aus dem Stadion geworfen!
Da es keine Spielzeit gibt, kann so ein Spiel sich auch ordentlich in die Länge ziehen. Nachdem wir um 17 Uhr das Stadion erreicht haben, können die Seattle Mariners das Spiel nach 9 Innings mit 6-3 für sich entscheiden. Es ist nunmehr 22 Uhr! Es ist dunkel und wir machen uns mit der Bahn zurück auf den Weg zum Hotel. Die Sound Transit Link Light Rail fährt nicht weit vom Stadion, die Atmosphäre unter den Fans ist weiterhin locker und wir müssen nicht lange auf die Bahn warten. Es gibt auch nur eine Linie, sodass nicht nur der Ticket-Kauf, sondern auch die Entscheidung für die richtige Bahn nicht schwer fällt.
Zufrieden fallen wir ins weiche Bett. Es war schöner Tag!